Skifahren im Libanon
Der Libanon ist ein vielschichtiges Land – international als Sumpf politischer Turbulenzen bekannt, ist es lokal als die Schweiz des Nahen Ostens bekannt, sowohl für seine beeindruckende Geographie als auch für das rasante Nachtleben und die vielfältige Kultur seiner Hauptstadt. Völkermord und Kriegsverbrechen mögen Syrien im Nordosten plagen, und der israelisch-palästinensische Konflikt hält die Spannungen im Süden hoch, aber zwischen Beiruts modernen Hochhäusern, schimmernden Mittelmeerstränden und massiven schneebedeckten Gipfeln tobt die Party weiter.
In den Bergen des Libanon regnet es seit zwei Tagen. Die Skigebiete, die gerade geöffnet sind – je nach wirtschaftlicher Lage sind zwischen vier und einem Dutzend im Land in Betrieb -, stehen bei dem schlechten Wetter leer. Die glamouröse Prada- und Gucci-Skikleidung wird zugunsten hautenger Kleider und High Heels aufgegeben. In Beirut, wo jede dritte Werbetafel für eine der vielen Kliniken für plastische Chirurgie wirbt, beginnt die Party.
Der Libanon liegt im am östlichen Mittelmeer. Nach Süden wird er durch Israel begrenzt, nach Norden und Ost grenzt er an Syrien – eine weiterhin politisch sowie religiös turbulente Region.
Der charakteristische Zedernbaum ziert die Flagge des Landes. Das geografische wie kulturelle Zentrum ist die Hauptstadt Beirut – das Libanon-Gebirge durchzieht das Land von Nord nach Süd parralel zum Mittelmeer.
Die höchsten Berge liegen im nördlichen Teil des Landes und knacken die 3000er-Marke. Die Skigebiete Mzaar und The Cedars sind die bekanntesten Wintersportort, einige kleinere sind manchmal geöffnet.
Libanon – ein Land der Komplexität
Das Leben im Libanon ist extrovertiert, sowohl politisch als auch kulturell. Die Menschen leben schnell und feiern exzessiv – „lebe, als wäre jeder Tag dein letzter“ ist ein gängiges Motto. Eine Haltung, die aus einer bewegten Geschichte stammt: Seit Jahrtausenden, inmitten unzähliger Kriege und Besetzungen durch ständig wechselnde Herrscher, spielt das libanesische Territorium eine wichtige Rolle im Nahen Osten. Das Standardbild des Libanon auf den Titelseiten sind Einschusslöcher und Bomben, Flüchtlinge und Raketen. Während im Westen das blaue Wasser des Mittelmeers verlockend schimmert, plagen im Norden und Osten Völkermord und Kriegsverbrechen Syrien. Im Süden hält der ständige Konflikt zwischen Israel und Palästina die Spannung hoch.
Heute hat die vielfältige Kultur zu einem ebenso vielfältigen politischen System geführt: Die Verfassung des Landes besagt, dass der Präsident ein maronitischer Christ sein muss, der Premierminister ein sunnitischer Muslim und der Oberbefehlshaber ebenfalls ein Christ. Der Libanon ist ein wirtschaftliches Kraftzentrum und politisches Pulverfass.
Bomben in Beirut, Skifreunde auf der Piste. Nichts Ungewöhnliches. Das ist der Libanon!
Der Libanon ist ein komplexes Land – er ist lokal als die Schweiz des Mittleren Ostens bekannt, was sowohl auf seine milden Steuergesetze und liberale Kultur als auch auf seine alpenähnliche Geographie zurückzuführen ist. Während die Vororte von Explosionen und Schießereien geplagt sind, wird in der Innenstadt von Beirut so hart gefeiert wie in jedem europäischen Hotspot.
Hinweis
Dieser Artikel erschien 2015. Zwischenzeitlich ist es im Libanon nicht ruhiger geworden. Der Krieg in Nachbarstaat Syrien hat die Lage für viele Menschen im Land verschlechtert.
Mit den Explosionen 2020 im Hafen, und mitten in der Corona Pandemie, hat sich die innenpolitische Lage verschärft – einen wirklich existierenden und funktionierenden Staatsapparat gibt es nicht mehr.
Diese Reisegeschichte wird Dir kostenfrei gestellt. Überlege, ob Du einen Lesebeitrag leisten möchtest: Hier findest du eine Übersicht an sinnvollen Möglichkeiten den Menschen im Libanon direkt vor Ort zu helfen.
Skifahren im Libanon
Unter einer Reihe von Warnungen unserer Freunde und Familie und gewalttätigen Berichten in den Medien, zogen Fotos von riesigen, schneebedeckten Berghängen mich, Max Forster, Verena Fendl, Teresa Brenner und den Schweizer Filmemacher Minos Eigenheer in die Region. Wir sind auf der Suche nach der turbulenten Kultur und dem weißen Gold, das unweit des Mittelmeers in Libanons Bergen vorhanden sein soll.
Eingeschränkt durch das Wetter verbringen wir zwei Nächte mit Feiern (oder gutes Wetter abwartend je nachdem, wie man es sieht) auf privaten Partys auf Beiruts Dächern und in Bars entlang der pulsierenden Straßen. Vor den angesagten Clubs im Ausgehviertel Gemmayze bilden sich lange Schlangen. Um auf eine der illustren Besucherlisten zu kommen, muss man teils monatelang warten. Almaza, ein libanesisches Bier und das bevorzugte alkoholische Getränk des Landes, fließt genauso in Strömen wie die Tanzmusik.
Das Standard-Titelbild vom Libanon sind Einschusslöcher und Bomben, Flüchtlinge und Raketen
In Beirut sind Aussehen und Prestige die Währung, die zählt. Luxusautos schleichen durch die Straßen, Türsteher der Oberklasse halten Ausschau nach den glamourösen Stars der Nacht. Die Hüften von Mittfünfzigern in eleganten Sakkos, Highheels und schwarzen Miniröcken grooven zu David Guetta und Rihanna. Aromen von fruchtigen Düften, Zigarren und Schweiß mischen sich.
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Seit einem 15-jährigen Bürgerkrieg 1975 und einem Krieg mit Israel 2006 haben sich der Tourismus und ein Teil der Infrastruktur kaum erholt. Nach 18 Uhr ist Strom nur noch über teure private Anbieter zu bekommen, und die Skigebiete sind unheimlich dunkel, mit weniger als 10 Prozent Auslastung. In unserem Hotel an der Piste sind wir seit Tagen die einzigen Gäste, bedient von einem Dutzend Angestellten. Dem einzigen anderen Hotel, das noch in Betrieb ist, scheint es auch nicht besser zu gehen.
Die Touristenattraktionen sind ebenso leer: In den Ruinen von Baalbek, einer riesigen römischen Tempelanlage, die so beeindruckend ist wie jede andere weltbekannte Sehenswürdigkeit in Rom, zählen wir ein knappes Dutzend Besucher an einem halben Tag. Die Zahl der Touristen steigt, vor allem Auslandslibanesen und eine wachsende arabische Oberschicht, aber nur wenige europäische und amerikanische Rucksacktouristen wagen die Reise.
Trotz der angeschlagenen Tourismusindustrie blüht das Leben im Zentrallibanon – insbesondere in Beirut – auf. Die höchsten Berge erheben sich direkt aus dem Meer auf fast 2500 Meter; morgens Skifahren, nachmittags im Mittelmeer baden gehen. In Mzaar-Kfardebian, dem größten und modernsten Skigebiet des Landes, 45 Minuten von Beirut entfernt, kommen die Skifahrer in europäischen Luxusautos nicht nur wegen des Skifahrens, sondern auch wegen des sozialen Prestiges. Auf 1.700 Metern ist der Parkplatz des Gebiets wahrscheinlich der exklusivste in der Region.
Der Name Libanon kommt von der semitischen Sprachwurzel LBN (لبن – spricht sich in etwa aus wie „labneh“), was „weiß“ bedeutet, wahrscheinlich eine Anspielung auf die im Winter oft schneebedeckten Berge der Bergregion Libanon.
Abgesehen von Glanz und Glamour, brechen die Spannungen zwischen den ethnischen und politischen Teilen der Region immer noch in gelegentlichen militärischen Konflikten aus. Im Süden regiert die Hisbollah als unberechenbarer verlängerter Arm der iranischen Diktatur, und im Südosten sind die Golanhöhen seit Jahrzehnten eine Quelle des Konflikts zwischen Syrien und Israel. Der Bürgerkrieg in Syrien hat das Land seit 2011 ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen. 700.000 Flüchtlinge oder mehr (niemand kennt die genaue Zahl) warten innerhalb der libanesischen Grenzen auf einen Frieden, der noch nicht gekommen ist.
An den Wochenenden wird der Parkplatz des Skigebiets Mzaar oft zum sozialen Hotspot. Die Besucher spazieren herum. Sehen und werden gesehen ist Teil des Erlebnisses. Prada, Gucci und weitere bekannte Marken von Luxusgütern werden schmücken die stolze Kundschaft. Wer dem Charme der Libanesen nicht widerstehen kann, wird vielleicht auch eingeladen, sich eine Nargile zu teilen: die libanesische Version einer Wasserpfeife. Die Beaufsichtigung durch einen Soldaten ist im Gesamtevent ebenso inklusive wie Tee und Baklava – eine der klassischen Süßspeisen.
Skifahren in Mzaar
45 Autominuten von Beirut: Das größte Skigebiet im Libanon
An unserem zweiten Tag im Land erkunden wir das Skigebiet in Mzaar. Wir kämpfen mit der eisig gefrorenen Schneeauflage, während wir darauf warten, dass die Sonne den Schnee aufweicht. Inmitten der Mischung aus Jeans und 80er-Jahre-Leihausrüstung neben teurer Designer-Skikleidung kennzeichnen uns unsere farbenfrohen Outfits als Touristen und bald nähert sich eine Gruppe junger Snowboarder. Ali, Ziad, Lubna und der Rest ihrer Crew begrüßen uns herzlich und fordern uns auf, mit ihnen auf ihre Lieblingspiste zu fahren.
Der Ferienort Mzaar bietet etwas Sicherheit vor den Unruhen im Beiruter Becken, und bald fahren wir an Gated Communities mit direktem Zugang zum Skigebiet vorbei – einige wenige im Libanon, so scheint es, sind sehr wohlhabend.
Wir beeilen uns, zurück auf den Kamm zu fahren, um einen seltenen, klaren Blick auf Beirut zu haben. Die Smogblase der Stadt hängt als Streifen knapp über dem Horizont, die Sterne versinken hinter Beirut und tauchen ein ins Mittelmeer. Ockergelbe Vororte, um die sich spiegelverglaste Wolkenkratzer winden, erstrecken sich vom Meer bis zu den Bergen. Beirut ist dicht gedrängt, das Stadtleben ist schnell und laut.
Abgesehen von ihrer Crew nutzen nur wenige andere die einladenden Hänge abseits der Skipisten, die vom 2.456 Meter hohen Dome du Mzaar, dem höchsten Punkt des Resorts, abfallen. Als die Eisschicht zu Frühjahrsfirn wird, führen uns Ali und die Crew auf einer einstündigen Wanderung zu einer steilen, felsigen – und völlig leeren – Abfahrt. Als Grand Coulee bekannt entscheiden wir uns für diese sonnig-weichen Abfahrt, die uns zum kleinen Dorf Bakiche hinunterführt.
Die Abfahrt ist lang, weicher Fünf-Sterne-Firn: Perfekt in seiner Schneekonsistenz, unberührt und mit einer angenehmen Steilheit und verspielten Wellen gespickt. Als wir in dem ruhigen Weiler ankommen und ein Gruppenfoto mit unseren neuen Freunden aufstellen, stellen wir fest, dass das Haus hinter uns aussieht wie ein Sieb, durchlöchert von Einschusslöchern. Unsere Freunde erzählen von den aufgegebenen Skigebiets-Plänen. Ein privates Skigebiet für die Chaletbesitzer und Hotelgäste war der Masterplan.
Wir beeilen uns, zurück auf den Kamm zu fahren, um einen seltenen, klaren Blick auf Beirut zu haben. Die Smogblase der Stadt hängt als Streifen knapp über dem Horizont, die Sterne versinken hinter Beirut und tauchen ein ins Mittelmeer. Ockergelbe Vororte, um die sich spiegelverglaste Wolkenkratzer winden, erstrecken sich vom Meer bis zu den Bergen. Beirut ist dicht gedrängt, das Stadtleben ist schnell und laut.
Später, beim Aprés-Bier und Geschichten von weit entfernten Skiabenteuern, fragen wir nach dem abrupten Übergang von exzellentem Skifahren zum Kriegsgebiet und Luxusvillen. Das sei die Norm im Land, sagt Ali, und zwar seit sein Vater vor Jahrzehnten zum Skifahren nach Mzaar zog. Wir sind verblüfft. „Skifahren während eines Krieges?“ frage ich. „Ja!“, sagt er. „Nichts Ungewöhnliches. Bomben in Beirut, Skifahren in den Bergen. Das ist der Libanon!“
Skifahren im Skigebiet The Cedars (Quadisha Tal)
Die Bäume Gottes
The Cedars, das höchstgelegene Skigebiet des Libanon, liegt anderthalb Stunden nördlich von Beirut. Am Ende des Quadisha-Tals liegt es in einem großen Talkessel, der von 3.000 Meter hohen Gipfeln und einem kleinen Zedernwald begrenzt wird. Bekannt als der Forest of God’s Cedars (Wald der Zedern Gottes), ist das Wäldchen mit seinen etwa 375 Bäumen – von denen einige 3.000 Jahre alt sind – einer der letzten verbliebenen Bestände des offiziellen Wahrzeichens der Nation und ihre älteste und historisch bekannteste Ressource.
Das Tal war einst die Heimat alter christlicher Mönchsgemeinschaften. Die Höhlen, die sie nutzten, um der Verfolgung zu entgehen, sind immer noch im Tal verteilt.
Auf 1.500 Metern öffnet sich das Quadisha-Tal in einen zweiten Kessel, mit zwei Sesselliften und zwei Schleppliften. Was wie eine zweistündige Wanderung oberhalb der Lifte aussieht, führt zu Libanons höchstem Berg, dem 3.088 Meter hohen Qutnat as-Sauda. Vom Parkplatz aus sehen wir eine einladende Linie auf der anderen Seite des Tals – ein 800 Meter Steilhang mit einigen Felsbändern, darunter im ausflachenden Hang stehen in ein paar kleine Dörfer.
Wir ziehen unsere Felle an und steigen zu einem Sattel hinauf, der sich über einen sanften Grat schlängelt. Die Aussicht ist kontrastreich: Zu unserer Rechten das malerische Heilige Tal, das ins Meer abfällt, zur Linken die wüstenartige Bekaa-Ebene, die sich in die Ferne erstreckt, und hinter uns die hoch aufragenden Berge, die die Grenze zu Syrien markieren.
In der Ferne sehen wir Skifahrer, die sich uns nähern – eine Gruppe libanesischer Soldaten auf einer Trainingsübung. Ein Soldat namens Achmed freut sich, mit uns zu plaudern, will aber wegen der nassen Stiefel weiterfahren. „Ich bin müde… es war ein langer Tag“, sagt er uns, als die Truppe in Richtung Ruhe und trockenes Schuhwerk verschwindet.
Max, der unsere genaue geografische Position nicht kennt, befürchtet, dass wir uns an der Syrischen Grenze befinden. „Soll es in der Nähe der Grenze nicht Landminen geben?“ frage ich ihn spielerisch. In der Ferne taucht eine weitere Gruppe von Soldaten auf. „Wusstest du, dass letztes Jahr ein Schweizer Skifahrer versehentlich erschossen wurde?“ Ich fahre fort. „Warum gehst du nicht auf den Sattel, du wärst ein gutes Ziel für die Syrer!“ Schweigen – gute Freunde vertragen ein wenig schwarzen Humor.
In der Schneewüste
Entfernungen sind in sanften Hügellandschaften manchmal schwer einzuschätzen. Nach acht Stunden unserer (geplant) zweistündigen Wanderung erreichen wir bei Sonnenuntergang die Spitze unserer geplanten Abfahrt.
Während die Farben im glühenden Sonnenuntergangslicht Arabiens nicht malerischer sein könnten, erfordert der Schnee volle Konzentration und gute Kanten. Auf knochenrasselnder Kruste rutschen wir den 45-Grad-Hang hinunter. Die Berge im Mittellibanon mögen zwar reichlich Winterniederschläge erhalten, aber Pulverschnee ist eine Seltenheit.
Wir folgen dem logischen Verlauf des Hangs, der im Licht des Vollmonds ins Tal hinabführt, und passieren mehrere Weinberge, die uns von der Zivilisation trennen. Trotz der Gewalt und der politischen Turbulenzen ist die Landwirtschaft seit den Phöniziern ein wichtiger Teil der libanesischen Kultur, und die Menschen produzieren seit 5.000 Jahren Wein.
Überall stehen Weinreben zwischen Mauern und kleinen Schluchten. Unser Rückweg in einbrechender Dunkelheit scheint schwieriger als gedacht und die Spannungen steigen. Max glaubt, dass wir gleich erschossen werden, Verena hat Angst vor bellenden Hunden und Theresa will mich für meine sarkastischen Bemerkungen über unsere spezielle Mondschein-Weinbergstour umbringen. Minos, unser Schweizer Filmer, schleppt stoisch sein 15-Kilo-Stativ durch all das.
Schließlich stoßen wir auf eine Straße und ein fast menschenleeres Bergdorf. Wir sehen Licht in einem der Häuser und klingeln. Ein überraschter älterer Mann öffnet die Tür. Bunte Oberbekleidung, Skier, Helme und Brillen auf unserer Seite der Tür; ein libanesischer Bauer, barfuß im Unterhemd, auf seiner Seite. Wir brauchen beide einen Moment, um die Situation zu verarbeiten.
Er hilft uns, ein Taxi zu rufen, und wir setzen uns zu der Familie, um etwas Tee, Kaffee und überwältigende Gastfreundschaft zu teilen. Der Mann stellt sofort ein paar alte, faltbare Sofas um einen Ofen in der Mitte des Raumes auf, den einzigen beheizten im Haus.
Rote Teppiche bedecken den Boden, die Wände sind kahl. Auf einem Gasherd in der Ecke bereitet er arabischen Kaffee zu. Wir erzählen unsere Geschichte, erklären, was wir hier um diese Zeit, in der Kälte, machen. Der Vater spricht fließend Deutsch; er hat in den 70er Jahren zehn Jahre als Gastarbeiter in Deutschland verbracht, und das Englisch und Französisch der Kinder ist fast wie unseres. Die meisten Libanesen lernen in der Schule eine zweite Sprache, wobei Französisch und Englisch am häufigsten sind.
Das Taxi kommt, und wir winken zum Abschied, bevor wir uns auf den Weg zur Herberge machen. Antoinette, die „Mutter“ der Herberge und ein hausgemachtes libanesisches Abendessen warten bereits auf uns warten.
Eine reiche Auswahl an Meze, traditionellen arabischen Snacks, liegt vor uns, gefolgt von gefüllten Früchten, Fleisch- und Gemüseeintopf, Falafel, Hummus und Tabouleh, alles serviert mit arabischem Brot. Es ist ein ebenso reichhaltiges wie vielfältiges Esserlebnis und kostet sechs Dollar pro Person. Ich frage Antoinette, wie lange die Zubereitung des Gerichts gedauert hat. „Den ganzen Tag“, antwortet sie.
Skifahren unter der Sonne Arabiens
900 Höhenmeter Traumfirn
Unter der schwülen arabischen Sonne wird der Schnee zu hervorragendem Firn. In der Ferne hängen der Wald der Zedern Gottes und die dünenartigen Hügel der Bekaa-Ebene über dem blau schimmernden Mittelmeer.
Dies ist die letzte Abfahrt unseres libanesischen Skiabenteuers, und unser hilfsbereiter und spontaner „Guide“ Anton verhandelt gerade mit dem Management von The Cedars: Ja, sie werden den höchsten Lift öffnen. Anton haben wir gerade am Lift kennengelernt, er ist nicht unser Guide, aber wohl genauso hungrig wie wir auf eine gute Skiabfahrt im Firn.
Eine gute Sache, denn wir haben unsere Abfahrtsroute schon ausgemacht – ein Hang über 900 Höhenmetern, glatt wie ein Bügeleisen und gespickt mit Felsen und einladenden Schneewechten an den Seiten. Ein toller Abschluss für einen schönen Ausflug.
Vier Millionen Menschen leben derzeit im Libanon; 14 Millionen libanesische Expats leben auf der ganzen Welt. Da die politische Lage weiterhin angespannt ist und Kriege und Terroranschläge andauern, haben die meisten nicht vor, in absehbarer Zeit zurückzukehren.
Diejenigen, die bleiben, zeigen jedoch eine Gastfreundschaft und Freundlichkeit, die mit der Gewalt, die der Rest der Welt mit dem Land verbindet, nichts zu tun hat: Anton, der hilfsbereite Skirennfahrer; Nasip, der 12-Jährige, der uns seine präparierte Lieblingspiste zeigte; der Motorschlittenfahrer, der als unser persönliches Zweitakt-Taxi fungierte, die Hotelmanagerin, die uns spontan einlädt. Wir sind von diesen Menschen so herzlich aufgenommen worden und haben in unseren zwei Wochen hier so viel aufrichtig freundliche Aufmerksamkeit erfahren wie in einer ganzen Saison zu Hause in den Alpen.
„Sieh die Welt, als ob du ewig leben würdest, und lebe, als ob du morgen sterben würdest.“
ls ich zu Hause ankomme, blendet eine Online-Zeitung eine neue Schlagzeile ein: „Libanon: Rakete explodiert in Beirut.“ Ich kontaktiere einen Freund in der Stadt und er beruhigt mich, dass alles in Ordnung ist, dass die Bomben in einem Vorort explodiert sind und nicht im überfüllten Stadtzentrum. „Mach dir nicht so viele Sorgen“, sagt er. „Genieße dein Leben und komm im nächsten Winter wieder mit uns zum Skifahren!“
Es ist eine Einstellung, die uns im Libanon oft begegnet ist, und sie lässt sich am besten durch ein libanesisches Sprichwort beschreiben: „Sieh die Welt, als würdest du ewig leben“, heißt es, „und lebe, als würdest du morgen sterben.“
Text + Fotografien: Marius Schwager
Video: Minos Eigenheer
Appendix
Vielen Dank, dass Du diesen Beitrag bis zum Ende gelesen hast. Wir hoffen, es hat Dir gefallen. Für weitere Informationen, Anregungen oder geschäftliche Belange kontaktiere uns bitte.
English version: www.lebanonfreeride.com
Vielen Dank Down Skis für die Unterstützung, Hotel Aux Cimes du Mzaar für die Unterbringung und Ski Resort Mzaar und Les Téléskis des Cèdres (Bsharri) für die Skitickets.
Unsere tiefe Dankbarkeit an die Jungs und Mädels von Republic of Snowboarding und besonders an all die tollen Menschen, die wir getroffen haben.
Offenlegung
Die Erstellung der Fotografien, die diese Reisereportage nutzt, wurden teils durch Produktgaben und Übernahme von Reisekosten unterstützt. Der Text sowie die Bildauswahl sind davon unbeeinflusst. Die Reisegeschichte wurde unter anderem im Ski Journal 7.3 und in geänderter Fassung auf Deutsch im Ski Magazin (2014) gedruckt.
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